Schlimme Erlebnisse

Als ich 16 Jahre alt war erlitt meine Mutter – sie war damals 36 - einen sehr schweren Schlaganfall. Sie lag im Sterben, hat sich dann aber – sie war eine Kämpferin (das hab ich GsD von ihr geerbt) – dazu entschlossen weiter zu leben. Sie war zwar den Rest ihres Lebens halbseitig gelähmt und die Sprache war deutlich eingeschränkt.


In der Familie gab es oft Knatsch. Mein Vater gab sich immer öfter dem Alkohol hin (er verstarb auch daran), mein um 8 Jahre jüngerer Bruder verlor seinen Halt. Die Eltern mütterlicherseits (bei ihnen bin ich bis zum 8. Lebensjahr aufgewachsen) kümmerten sich auch um meine Mutter, reagierten aber auf den langsamen Absturz meines Vaters mit Unverständnis.

Ich versuchte meinen Bruder eine Stütze zu sein, ging zu Elternsprechtagen (bei denen ich nicht ernst genommen wurde), kochte ihm sein Lieblingsessen: Spaghetti mit Tomatensoße, machte mit ihm Hausaufgaben und versuchte den Haushalt ein wenig in Schuss zu halten. Damals war die Situation zwar belastend für mich, aber ich hab halt gekämpft und die Tragweite gar nicht erkannt.


Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich versucht habe die Familie zu kitten, jedem Einzelnen zuzuhören und zu vermitteln. Ich fühlte mich damals nicht überfordert, ich handelte instinktiv.

Mein Opa kümmerte sich darum, dass meine Mutter Elektroschocks im Krankenhaus bekam, um die Bewegung des gelähmten Armes zu verbessern. Sie hatte so viel Angst davor, dass sie mich anflehte. Opa war da rigoros. Ich versuchte ihr zu helfen, so gut ich konnte und es kam zum Riesenstreit mit meinem Opa. „Was mir Göre denn einfiele, mich da einzumischen...“ Er wechselte die Straßenseite, wenn ich ihm begegnete und ich litt so sehr darunter.


Die Familie brach irgendwie auseinander obwohl wir alle versucht haben, irgendwie miteinander auszukommen, man brauchte sich ja und dass meine Großeltern ihre Tochter nicht aufgaben, ist ja wohl selbstverständlich. Trotzdem gab es immer wieder Querelen, die ich einfach nicht verstand. Keiner wollte sich etwas zurücknehmen, im Gegenteil, jeder pochte darauf Recht zu haben und Fronten verhärteten sich. "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich". Immer wieder hatte ich versucht auf die Gefühle des Anderen aufmerksam zu machen, mit wenig Erfolg.


Mittlerweile sind meine Eltern und Großeltern verstorben und es gibt nichts mehr zu kitten.


In dieser Zeit lernte ich meinen 1. Mann kennen (von dem ich mich nach 20-jähriger Ehe scheiden ließ), bekam mit 18 den 1. Sohn und zog in eine 30 km entfernte Stadt. Fühlte mich da sehr alleine und abgeschnitten von der Welt und kaute an dem schlechten Gewissen meiner Herkunftsfamilie gegenüber, weil ich sie irgendwie im Stich gelassen hatte. Meinen Bruder holte ich ab und an zu mir, wenn er z. B. Ferien hatte. Aber irgendwann war er alt genug und wollte nicht mehr bei seiner Schwester rumhocken.


Ich verstehe bis heute nicht, warum sich eine Familie so anstellt, sich im Guten nicht zusammen setzen, die Meinung des anderen gelten nicht lassen kann und so riskiert, dass alles zerbricht.