Depressionen im Alter

Durch meinen Job im Seniorenheim habe ich nun auch die Schattenseiten des Älterwerdens kennen gelernt.

Zum Ersten fühlen sich viele (im Heim werden sie Bewohner genannt, für mich hat dieses Wort so einen negativen Touch) diese Menschen nicht wirklich zu Hause. Einige leiden an Demenz und zusätzlich unter Depressionen und durch Corona hat sich diese Situation für sie noch verschlimmert. Keine nahen Kontakte untereinander, Besuche von Angehörigen zeitlich begrenzt, keine körperlichen Kontakte zu den Angehörigen, keine Besuche bei Freunden oder Angehörigen außerhalb usw.


Werden Medikamente gegen Depressionen verabreicht, hat das meist nur den Effekt, dass sie total sediert wirken.

Ohne Medikamente wären bei leichten bis mittelschweren Depressionen Therapien durch Psychologen angebracht. Leider gibt es kaum, auf Senioren mit Demenz spezialisierte Therapeuten. Es ist ein Teufelskreis, der viel zu kurz durch Ablenkung und Zuwendung unterbrochen werden kann. Das ist der Unterschied z. B. zu mir. In depressiven Phasen, ist mir Ablenkung und Zuwendung zuwider. Aber gerade demente Menschen sind anscheinend in der Beziehung anders gepolt.


Bei der Ausbildung zur Betreuungsassistentin wird beigebracht, dass für eine Aktivierung der körperlich und geistigen Fähigkeiten 10 Minuten oft ausreichend sind. Es gibt z. B. die basale Stimulation, die durch fühlen, riechen, sehen, schmecken und hören die Sinne anregen soll. Okay, hier sind 10 Minuten sinnvoll. Aber dann gibt es die Gespräche mit den Senioren, die ihre Erlebnisse erzählen. Sie erzählen vom Verlust und der Trauer um die Geschwister, der eigenen Kinder, vom in der Jugend erfahrenem Missbrauch, was fast nie ausreichend aufgearbeitet werden konnte. Von Angehörigen die darauf warten, dass ihnen die Immobilie überschrieben wird und auch davor nicht zurückschrecken, betreffende Seniorin durch rumbrüllen auf Station gefügig zu machen, was dazu geführt hat, dass sie immer öfter am Weinen ist.

Unterstützung erfahren sie dann „nur“ durch das Personal, das aber oft wegen Zeitmangel und fehlenden Mitarbeitern gehindert wird, hier ausreichend präsent zu sein.

Es ist nicht leicht hier gesunden Abstand zu halten.


Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Situation grundlegend ändert durch mehr Personal in der Pflege und Betreuung, durch mehr Unterstützung im psychologischen Bereich und einfach mehr Verständnis für unsere Alten. Denn auch wir werden mal alt. ;)

Kommentare 4

  • Ich bin zwar noch wirklich weit von dem Thema entfernt. Aber ich finde man kann sich nicht früh genug mit so einem wichtigen Thema auseinandersetzen.

    Zumal früher oder später dieses Thema oft zu Sprache kommt oder einen selbst wahrscheinlich mal trifft.


    Ich finde es immer noch erschreckend wie mit dem Menschen umgegangen wird. Ich hoffe sehr, das es bald mehr Personal gibt und man den älteren Menschen so vielleicht auch etwas mehr Freiheiten geben kann. Und ihnen auch so mehr Möglichkeiten geben kann in Frieden zu sterben. Und vorher noch ein wenig gelebt zu haben.


    Jedoch sollte man doch bereits jetzt erste Maßnahmen treffen oder nicht ? Ich meine den Damen und Herren ist doch wirklich nicht geholfen, wenn man sie mit Tabletten nur ruhig stellt.


    In meinen Augen ( das mag vielleicht krass klingen ) nimmt man den Menschen so doch bereits das Leben, oder sehe ich das falsch ?

    • Sorry, dass ich jetzt erst antworte.


      Du siehst das ganz richtig. In den meisten Heimen (ich will nicht alle über einen Kamm scheren) werden die Senioren bevormundet und in ihrer Person oft nicht wahrgenommen. Die, die sich noch selber helfen können und einigermaßen fit sind, kommen da besser durch.

      Auch wenn das Personal sehr bemüht ist, scheitert Vieles an Zeitmangel und Stress. Als ich das alles erkannt hatte, versuchte ich auszugleichen und besonders Vielen, die es nötig haben, jeden Tag ein Stück Licht ins Leben zu bringen. Aber auch hier bin ich an meine Grenzen gekommen und es kam soweit, dass ich nicht mehr abschalten konnte. Jetzt versuche ich mit den positiven Gedanken, dass ich mich da so einbringen kann, dass es den Menschen gut geht, zu trösten und das klappt ganz gut. Mir wird langsam bewusst, dass ich nur mein Bestes geben, aber keinem der Senioren jeden Tag die Familie ersetzen kann. Einige von ihnen bräuchten eine 1:1-Betreuung um wirklich glücklich zu sein.

    • Ja, das verstehe ich sehr gut.

      Für alle die Unterstützung zu sein wie sie es benötigen, ist denke ich mir echt nicht ganz so einfach.


      Und es ist auch völlig logisch das du als 1 Person nicht für alle gleichermaßen da sein kannst. Zumal du dich bei dem ganzen auch nicht vergessen darfst. Was wie ich finde, gerade in solch ein Beruf oft in den Hintergrund rutscht.

      Aber deine Einsicht auf das ganze ist super!

      DU gibst dein Bestes und das ist auf jeden Fall genug, auch wenn man es selbst oft anzweifelt. Letztendlich sind wir alle nur Menschen, nicht ?


      Und ich bin mir ziemlich sicher die Senioren wissen das auch und sind für die Hilfe dankbar.


      Wie gesagt , ich finde es sollte mehr Menschen geben die in dem Beruf so engagiert heran gehen wie du . Zusammen könnte man vielleicht dann auch ein bisschen mehr erzielen, aber wie gesagt ich weiß nicht viel darüber und bin mir recht sicher das viele Mitarbeiter ihr Bestes geben.

    • Danke!