Gefühlschaos

Um den Leuten um mich rum mal vor Augen zu führen, wie es in mir drinnen oft aussieht, wie ich mich oft fühle und warum ich gewisse Sachen mache, habe ich diesen Text geschrieben.


Mein Leben ist eine tägliche Achterbahnfahrt der Gefühle.


Um das genauer zu beschreiben hier ein Beispieltag aus meinem Alltag.



Ich werde morgens wach und schaue als erstes auf mein Handy wie spät es ist und checke meine Nachrichten. Es war 9 Uhr Morgens. Mein Freund hat mir eine Nachricht geschickt in der "Guten Morgen mein Schatz" stand. Diese Nachricht lässt mich lächeln und ich kann gut gelaunt in den Tag starten.


Ich gehe runter auf die Toilette und danach in die Küche. Erstmal entspannt hinsetzen, in Ruhe wach werden und frühstücken. Wird leider heute wieder nix.


Die Wäsche muss gewaschen werden. Ich gehe in den Keller und schalte eine Waschmaschine voll Wäsche ein.


Dann sehe ich das Chaos in der Küche das ich beseitigen muss, als älteste Tochter in unserem Haushalt. Ich stehe auf, spüle das Geschirr, putze die Küche und fege den Boden. Zwischendurch geh ich nochmal auf die Toilette und sehe das Chaos im Badezimmer. Meine Stimmung kippt sehr schnell und innerlich denke ich mir "Wieso kann meine Familie keinen einzigen Raum sauber halten". Ich putze und räume das Bad mit schlechter Laune auf, obwohl ich in der Küche noch garnicht fertig war.Inzwischen ist es 11 Uhr und ich habe noch nicht gefrühstückt, mal wieder. Naja heute wieder mal kein Frühstück. Ist ja nicht so schlimm denke ich mir genervt. Ich gehe in die Küche und putze weiter. Die Waschmaschine ist auch schon fertig.


Ich bin mit der Küche fertig und gehe in den Keller um die Wäsche zu holen und eine neue Ladung einzuschalten. Danach hänge ich die Wäsche zum trocknen auf und kann mich danach erstmal entspannt hinsetzen. Ich sehe in meinem Terminkalender, dass ich zum zweiten mal schon bei der Bank um 10 einen Termin gehabt hätte, den ich wieder versemmelt habe.


Ich rege mich tierisch darüber auf und mein Tag ist gelaufen. Meine Stimmung ist im Keller. Ich bin sehr gereizt, genervt, gleichzeitig würde ich am liebsten weinen und schreien. Ich denke schon wieder an die Klinge. Ich kann wieder mal nichts gegen die Sucht unternehmen. Ich muss mich schneiden. Mein Verstand sagt mir ich solle es lassen, es bringt mir nix und macht mich nur kaputt, aber mein Gefühl sagt mir, dass ich es genau jetzt brauche und ich komme nicht daran vorbei. Ich schnitt mich wieder am Arm. Ich sitze da, eingesperrt im Badezimmer, mit einem blutenden Arm und Tränen die mir übers Gesicht laufen. Ich kann nicht mehr. Mache mir Vorwürfe, weil ich es wieder getan hab. Ich versteh die Welt nicht mehr und so will ich nicht weiter machen. Aber die Sucht nach der Klinge ist zu stark. Ich desinfizierte die Wunde und band einen Verband darum. Noch schnell einen Pullover übergezogen, dass niemand den Verband sieht. Es ist mittlerweile 13 Uhr. Mein kleiner Bruder (16) kam von der Schule. Ich tat als wäre alles in Ordnung. Ich schickte ihn wie jeden Tag zum Einkaufen für's Mittagessen. Als er wieder kam, kochte ich etwas, um dann alleine am Tisch zu sitzen und alleine was zu essen. Meine erste Mahlzeit heute.


Nach dem Essen spülte ich nochmal das Geschirr, dass ich zum Essen und zum Kochen brauchte. Die Wäsche ist fertig. Ich ging wieder und holte sie um sie aufzuhängen. Die andere war derzeit schon trocken, die hängte ich ab und legte sie zusammen. Danach schaute ich mal auf mein Handy ob mir jemand geschrieben hat. 9 Nachrichten. Ich schaute alle durch. Eine dabei von meiner großen Schwester, ob ich in paar Tagen auf ihre 4 Kinder aufpassen könnte.


2 Nachrichten von meinem Freund, was ich mach und warum ich mich nicht melde. Eine Nachricht von Mikey, wies mir geht. Der Rest unwichtige Nachrichten. Alle Nachrichten soweit beantwortet und meine Laune ist immer noch sehr schlecht. Ich gehe in mein Zimmer und distanzierte mich von allem. Will niemanden sehen und weine alleine vor mich hin.


Ohne einen richtigen Grund. Ich weiß nicht mal warum ich weine. Was ist nur los mit mir?Wieso kann ich nicht einfach ein normaler glücklicher Mensch sein?. Ich will doch einfach nur glücklich sein. Wieso kann ich das denn nicht? Was ist nur falsch mit mir? Ich weine vor mich hin und sehe nach einer Zeit auf die Uhr. Es ist mittlerweile 3 Uhr Nachmittag. Ich muss die Wäsche abhängen & zusammenlegen. Mama kommt in einer Stunde nach Hause. Ich gehe runter & sehe, dass mein Bruder mit seinen 3 Freunden wieder was gegessn hatte und nichts sauber gemacht hat. Das Geschirr stand nur hinten an der Spüle. Ich spüle es ab & danach mach ich die Wäsche. Ich höre Musik um mich abzulenken, aber immer wieder stoße ich auf Lieder die mich ins Nachdenken bringen. Ich fühle mich einfach nur leer. Keine Tränen mehr die ich vergießen könnte und keine Kraft mehr um schlecht gelaunt zu sein. Ich fühle mich als wenn ich keine Gefühle mehr hätte. Leer. Ich fühle mich als wäre mir gerade alles egal. Dieses Gefühl. Noch schlimmer als jedes andere Gefühl. Ich stelle mir die Frage wer und was ich eigentlich bin und was ich alles falsch mache. Ich bin mit der Wäsche fertig und ging wieder in mein Zimmer. Ich schaute Videos die meine Stimmung verbessern sollten. Es funktionierte aber leider nicht. Ich fühlte mich immer noch so leer. Nach einer Weile hörte ich, dass Mama nach Hause kam. Sie hatte aber gleich einen Grund sich aufzuregen. Ich habe vergessen, dass ich im Wohnzimmer staubsaugen sollte. Ich vollidiot hab wieder was vergessn. Ich fühle mich wie ein Idiot weil ich mir nichts mehr merken kann. Mache mir Vorwürfe. Andererseits denke ich mir "Wieso sieht sie nicht was ich sonst alles gemacht habe?"Ich verstehe es nicht. Wieder bin ich sehr genervt und gebe ihr eine patzige Antwort und ging in mein Zimmer. Ich räumte mein Zimmer auf. Es war jetzt 6 Uhr. Ich wollte zu meinem Freund. Ich fragte Mama ob sie mich fahren könnte. Aber sie fährt mich nicht. Naja immer das selbe. Ich schrieb einige Bekannte und Freunde von mir an, ob sich vlt jemand findet der mich fahren könnte. Eine Bekannte sagte zu und fuhr mich zu meinem Freund. Dort gings mir gut, ich fühlte mich gut aufgehoben und konnte endlich etwas abschalten und glücklich sein. Ich fühlte mich in seiner Nähe wie ein normaler Mensch. Bis er meinen Arm sah, den Verband trug ich nicht mehr. Er sagte mir er will so etwas nicht mehr sehen und ich soll das nicht mehr machen. In diesem Moment war mir klar, er versteht es nicht. Ich versuchte ihm zu erklären wie es dazu kam und wieso ich das tat. Aber er verstand es immer noch nicht. Es ist hart für mich. Er wird es nie verstehen. Keiner wird es je verstehen, wenn er es nicht selbst durchmacht. Die Stimmung kippte wieder bei mir. Ich habe ein schlechtes Gewissen, könnte weinen. Gleichzeitig bin ich wütend auf mich selber. Andererseits genervt von meinem Freund, weil er es nicht versteht. Ich weiß er kann es nicht verstehn. Es ist normal das nicht zu verstehen. Ich verstehs. Aber ich kann nicht damit umgehen. Nun sitze ich neben ihm und habe schlechte Laune. Er merkt es sofort und sagt zu mir "was is denn schon wieder los? Immer wenn du zu Hause warst hast du danach diese Launen." Ich fühlte mich noch schlechter und will ihm garnichts sagen. Aber er fragte weiter nach und wollte wissen was los war. Ich erzählte ihm alles und wir sprachen darüber. Aber meine Stimmung änderte sich nicht. Er sagte so will und kann er es nicht weiter machen. Ich soll mir Hilfe suchen. BOOM. Ein Satz den ich immer befürchtet habe. Er packt das nicht. Verständlich. Wer könnte schon mit einer Psychisch labilen Frau länger zusammen sein, ohne jegliche Verbesserung? Ich fühle mich schlecht. Er versuchte nach dem Gespräch mich aufzuheitern. Er kitzelte mich, nahm mich in dem Arm und war gut gelaunt. Ich tat so als wär alles wieder in Ordnung. Aber in mir drin sah es immer noch so aus wie davor. Wütend, traurig, verzweifelt, nachdenklich, ich denke an meine Klinge. Ich habe sie nicht dabei. Was mach ich nur. Ich wurde müde und schlief ein. Er weckte mich und wir gingen ins Bett. Es war alles wieder gut. Ich war wieder glücklich. Arm in Arm schliefen wir dann ein.

Kommentare 3

  • Hallo brokengirl,


    hatte Deinen Eintrag schon vor paar Tagen gelesen aber bin noch nicht dazu gekommen, etwas dazu zu schreiben und Dich willkommen zu heißen.


    Meine erste Frage wäre: Warum musst Du bei Euch überhaupt den ganzen Haushalt stemmen? Es hört sich so an, als machst Du da alles alleine?


    Und was treibst Du tagsüber so für gewöhnlich? Studierst Du? Arbeitest Du? Ich nehme an, die 1999 steht für Dein Geburtsjahr? Das heißt, Du wärest 20?


    Hilfe suchen ist keine Schande. Ich glaube wir alle hier im Forum haben uns schon von Zeit zu Zeit Hilfe gesucht und suchen sie immer wieder mal. Je früher Du damit anfängst, je größer Deine Chancen auf Heilung und ein glückliches Leben.


    Du könntest auch darüber nachdenken von zuhause auszuziehen?


    Ansonsten bin ich in Sachen Ritzen kein Ansprechpartner, dafür aber wenn es um Ängste und / oder Depressionen geht.


    Wir freuen uns von Dir zu hören.

  • Hi Brockengirl.


    Das mit dem schneiden kenne ich "leider" nur zu gut. Wenn mein Stresslevel steigt, dann denke ich auch daran mich zu verletzen. Hast du schon mal nach anderen Skills gesucht? Evtl ein Gummiband fest um den Arm und wenn du merkst das du sehnsucht nach der Klinge hast, dran ziehen und loslassen. Es gibt noch viele andere Möglichkeiten, google da evtl mal nach. Mir z.B. hilft meistens eine Chillischote.

    Ich finde auch Hilfe suchen ist nicht schlimm, im Gegenteil mir hat es sehr gut geholfen.

    Und deinem Bruder würde ich mal kräftig in den A.... treten wenn er seine Sachen nicht wegräumen kann, am Besten noch vor seinen Freunden damit es Peinlich ist. ;)


    LG Charly

  • Hallo Brokengirl,


    zum ritzen selber kann ich nichts sagen, aber warum denkst Du nicht einmal darüber nach "dir Hilfe zu suchen" - warum findest Du den Satz so schlimm?

    Ok ich finde auch das Du zu Hause sehr gefordert wirst, denn wenn deine Brüder z.B. sich etwas zu essen machen, können sie auch wieder sauber machen.

    Und auch für andere Hausarbeiten sind sie alt genug.

    Das dein Freund das mit dem ritzen nicht versteht ist nachvollziehbar - denn als "Gesunder" ist es auch schwer zu verstehen.

    Ich verstehe es vermutlich auch nur, weil ich weiß wie wichtig es ist, sich zu "fühlen".

    Auf jeden Fall finde ich es schön für dich das Du einen Freund hast, der versucht zu verstehen.

    Ich weiß nun nicht wie alt Du bist und auch nicht wie es mit Lehre/Arbeit/Schule usw bei Dir aussieht, aber wäre es denn vielleicht auch eine Möglichkeit, in eine eigene Wohnung zu ziehen?