Gut sein und bei sich selber bleiben

Musste wieder mal feststellen, dass mein Wunsch perfekt zu sein, nur ein Wunsch ist.


Seit jeher spüre ich, dass ich Mittelmaß bin und ich bin damit nicht zufrieden. Wollte trotzdem zu einem gewissen Teil immer besser sein, als Andere, habe mich aber nie angestrengt. Woher kommt dieser doofe Wunsch? Denn, wenn ich es recht überlege, bin ich eigentlich zufrieden mit dem was ich habe, was ich bin. Und trotzdem ist da was in mir, das mir befiehlt, besser sein zu müssen.

Wenn ich darüber nachdenke, wollten meine Eltern immer, dass ich besser bin. Da geht´s ja schon los. Besser als wer? Als sie selbst? Vor langer Zeit habe ich ein Zeugnis von meinem Pa auf dem Dachboden entdeckt. Jessas Maria und Josef, das war nicht gerade der Brüller. Der war genauso schlecht wie ich, aber von mir hat er erwartet, dass ich ihn übertreffe. Trotzdem haben beide mich nicht unterstützt im Besserwerden. Ich habe dieses Spiel durchschaut: "Bemüh dich, dass du uns übertrumpfst, aber werd bloß nicht besser als wir".

Mich haben sie immer als Versagerin hingestellt. Und obwohl ich weiß, dass ich mein eigenes Leben lebe, auf meine Art und meine Erfolge nicht messbar sind mit dem, was sie sich vorgestellt haben, fühle ich mich manchmal, als hätte ich versagt.

Hab ihr Grab auflösen lassen und hier ein paar Blümchen gepflanzt und daneben ein paar Engel aufgestellt. Jedes Mal, wenn ich daran vorbei gehe, hab ich das Gefühl, irgendwas Übermächtigem ausgesetzt zu sein. Ich weiß, es liegt an mir und immer dann, wenn ich Mordsprobleme habe, tauchen diese überwältigenden Gedanken auf: "Du bist nicht gut genug". Mein Pa, denk ich mal, hätte die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen, wenn der wüsste, was ich jetzt mache. Er wäre stolz gewesen, wenn ich im Büro weiter gearbeitet hätte.

Das Loslassen von Dingen, die einem seit Geburt an, ja vielleicht auch schon im Mutterleib verfolgt haben, lässt einen doch nicht so einfach los, wie man das so gedacht hätte.

Ich bin erwachsen, ich will mein Leben so leben, wie es für mich richtig ist und das tu ich auch, aber trotzdem sind da die Gedanken, die mich bremsen, obwohl ich dachte, ich hätte das Spiel längst durchschaut.

Kommentare 2

  • Also jeder hat doch andere Vorstellungen von "perfekt" aber ich verstehe schon was du meinst.

    Für meine Mutter war ich auch immer die Niete - die es eh zu nichts bringt.

    Und wenn es mir scheisse geht - denke ich immer... ja da sieht man es sie hatte Recht... ich bin ein Versager, ich bekomme nichts auf die Reihe.


    Aber genau betrachtet.... ist das Blödsinn.... weil auch sie in meinen Augen nicht perfekt war... und wie konnte sie sich überhaupt "erlauben" zu entscheiden was für mich perfekt sein wird und da sie nicht Gott war … konnte sie auch gar nicht wissen wie mein Leben in der Zukunft verlaufen würde.


    Eine "perfekte" Mutter glaubt z.B. immer an ihre Kinder und ist stolz auf sie - das wäre meine Definition von perfekt... und das tue ich bei meinen beiden - und sie hat es bei mir nicht getan.

    Wenn das also ein Wettstreit wäre - würde ich diesen Teil gewinnen :-)

    Allerdings wie gesagt, jeder findet immer andere Dinge perfekt... und vielleicht hätte sie das gar nicht perfekt gefunden.


    Versuch dich davon zu lösen was andere denken - auch wenn es schwer ist - mir gelingt es manchmal - aber nicht immer ;-)

    • Im Großen und Ganzen habe ich dieses von den Eltern beigebrachte, wie Du schreibst perfekt sein müssen, schon ziemlich abgelegt. Aber es kommt immer mal wieder hoch, vor allem, wenn Einiges zusammen kommt.


      Es sollte auch kein Wettstreit sein. Aber hin und wieder erwische ich mich dabei, dass ich vergleiche. Und da hab ich in meinen Augen, genauso wie Du, in vielen Punkten gewonnen. ;-)